Interessengemeinschaften aus Kunst und Kultur und die gewerkschaftliche Initiative vidaflex fordern dringende Anpassung der Sozialversicherungsleistungen für Künstler*innen
„Die Anzahl der atypisch und hybrid Beschäftigten, Neuen Selbstständigen und insbesondere auch Solo-Selbstständigen im Kunst- und Kulturbereich wächst stetig. Es führt kein Weg daran vorbei, die Sozialversicherungsleistungen für Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen entsprechend den tatsächlich herrschenden Arbeitsrealitäten anzupassen“, sagt Nadja Puttner, Branchensprecherin für Kunst und Kultur bei der gewerkschaftlichen Initiative vidaflex. „Auch im Kunst- und Kulturbereich muss das geltende Arbeitsrecht eingehalten werden. Kontinuierliche und vor allem durchgängige Beschäftigungsverhältnisse existieren in Kunst und Kultur überwiegend für die in Organisation und Verwaltung Beschäftigten, zum Beispiel in Theatern und Museen“ sagt Ulrike Kuner, Geschäftsführerin der IG Freie Theaterarbeit. „Für Künstler*innen, die nicht durch einen Kollektivvertrag abgesichert sind, führen projektweises Arbeiten und wechselnde Beschäftigungsverhältnisse zu Nachteilen bei den SV-Leistungen, die es auszugleichen gilt“.
„Akteur*innen der bildenden Kunst, Autor*innen, Bühnen- und Kostümbildner*innen, Komponist*innen und Choreograf*innen sind meist der Gruppe der Neuen Selbstständigen zuzuordnen, wobei die meisten als Solo-Selbstständige tätig sind“, erklärt Clemens Christl vom Kulturrat Österreich. Neben dieser Gruppe gibt es außerdem viele atypisch bzw. hybrid Beschäftigte mit wechselnden Beschäftigungs- und Vertragsformen, die beispielsweise an einzelnen Projekten kurzfristig mitwirken oder mehrfach geringfügig angestellt sind.
Der Kulturrat Österreich, Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden, die IG Autorinnen Autoren, IG Freie Musikschaffende, IG Freie Theaterarbeit, Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich, WORKING CONDITIONS – Working Group of Wiener Perspektive sowie die gewerkschaftliche Initiative vidaflex haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen und einen Forderungskatalog veröffentlicht, um eine flächendeckende Verbesserung der sozialen Absicherung von Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen zu erwirken.
„Solo-Selbständige sind beim Erwirtschaften ihres Einkommens von ihrer eigenen Arbeitskraft abhängig. Daher können krankheitsbedingte Ausfälle zu einem hundertprozentigen Einkommensverlust und somit zu einer unmittelbaren Existenzbedrohung führen“, warnt Puttner. „Deshalb sind uns nachhaltige Verbesserungen beim Krankengeld für diese Gruppe ein besonderes Anliegen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre die Einführung einer sozialen Staffelung bei der freiwilligen Zusatzkrankenversicherung der SVS, wobei das eigentliche Ziel aber die Einführung von Krankengeld ab dem 4. Tag für Solo-Selbstständige im Regelsystem sein muss.“
Von zahlreichen Nachteilen betroffen sind auch Künstler*innen, die überwiegend in Form von Kurzanstellungen und tageweisen Anstellungen engagiert werden. Die Arbeitsgemeinschaft fordert daher eine Einbindung dieser Arbeitnehmer*innen in alle Teile der Pflichtversicherung, sobald die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird – unabhängig davon, ob es sich um ein einziges Beschäftigungsverhältnis, mehrere tageweise oder andere geringfügige Beschäftigungen bei unterschiedlichen Dienstgeber*innen handelt.
Insbesondere Phasen der Erwerbslosigkeit führen im Kunst- und Kulturbereich mangels ausreichender Absicherungssysteme oft schnell zu einer unmittelbaren existentiellen Bedrohung: „Atypisch bzw. hybrid beschäftige sowie selbständig tätige Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen brauchen einen einfacheren Zugang zu einer Arbeitslosenversicherung, die so wie bei klassischen Arbeitnehmer*innen in erwerbsfreien Zeiten eine schnelle und flexible finanzielle Absicherung gewährleistet“, fordert Christl. Durch einfache Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Erweiterung der Anwartschaft auf Arbeitslosengeld bei Kurzanstellungen, könnte Abhilfe geschaffen werden. „Für Solo-Selbständige ist außerdem eine bessere Zugänglichkeit zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung der SVS durch mehr zeitliche Flexibilität und Zuschussmöglichkeiten durch den Künstler*innensozialversicherungsfonds dringend notwendig“, betont Puttner.
Der Forderungskatalog wurde heute an relevante Stakeholder sowie an den Nationalrat verschickt und auf allen Kanälen der teilnehmenden Organisationen veröffentlicht. „Als Arbeitsgemeinschaft fordern wir die zuständigen Ministerien und Sozialversicherungsträger zu einem Dialog auf. Das Ziel des Dialogs muss eine nachhaltige und absehbare Lösung zur Verbesserung der Situation für den Kunst- und Kulturbereich sein.“
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