PRESSEAUSSENDUNG
IG Freie Theaterarbeit am 07.04.2021
Wie wollen die Künstler*innen und Kulturschaffenden der freien Szene beschäftigt sein, welche Versicherungsverhältnisse sollen ihnen zur Verfügung stehen – und was fehlt?
Um einen Eindruck über die Art der Beschäftigung und der Sozialversicherung von freischaffenden Künstler*innen und Kulturschaffenden zu gewinnen und ein Stimmungsbild bezüglich alternativer Beschäftigungs- und Sozialversicherungsmöglichkeiten in der freien Szene einzuholen, führte die IG Freie Theaterarbeit im März 2021 eine großangelegte Umfrage durch, an der 514 Künstler*innen und Kulturschaffende teilnahmen. Die Ergebnisse werden der IG Freie Theaterarbeit dienen, Schwerpunkte in ihrer politischen Agenda zu setzen und ihr Beratungsangebot auf die Bedürfnisse der freien Kunst- und Kulturschaffenden anzupassen.
*Erklärung: Aufsummierte Häufigkeiten von über 100 Prozent ergeben sich durch Mehrfachauswahl innerhalb der jeweiligen Fragen
Die Mehrheit der Antworten kam von Schauspieler*innen (69,5%), gefolgt von Regisseur*innen (26,3%), Performer*innen (25,3%), Choreograf*innen (12,3%) und Tänzer*innen (14,4%).
Der Fragebogen wurde von ca. 68% Frauen ausgefüllt und spiegelt damit die reale Beschäftigungssituation nach Geschlechtern in der freien Szene (und die Mitgliederstruktur der IG Freie Theaterarbeit) wider.
Fast 80 % der Befragten gaben an, aus Überzeugung und künstlerischen Motiven in der freien Szene tätig zu sein, mehr als 24 % wünschen sich ein festes Engagement an einem Theater/Haus oder einer Kompanie. 13 % gaben an, auf einen anderen Job als Haupteinnahmequelle angewiesen zu sein.
Mehr als 80 % der Befragten arbeitet selbstständig (Werkvertrag), gut 46 % arbeiten in Anstellung (Dienstvertrag), während etwa ein Viertel mit freiem Dienstvertrag beschäftigt ist. Rund 65% der Befragten arbeiten sowohl selbstständig als auch in Anstellung.
Knapp 64 % sind bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) versichert, während 42 % bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) versichert sind. Etwa 16 % sind sowohl bei der ÖGK als auch der SVS versichert (Mehrfachversicherung).
Auf die Frage nach einem bevorzugten Versicherungsträger für all ihre künstlerischen Einkünfte antworteten fast 37 %, dass sie sich zunächst über Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Versicherungsträger informieren müssten. Mehr als 30 % würden sich für die SVS entscheiden, während rund 22 % die ÖGK bevorzugen. Etwa 8 % aller Befragten gaben an, dass für sie eine Mehrfachversicherung in Ordnung sei, während knapp 11 % jener, die sowohl bei der SVS als auch der ÖGK versichert sind, angaben, mit der Mehrfachversicherung zufrieden zu sein.
26 % gaben an, dass sie gerne selbst Verantwortung für zu leistende Abgaben tragen; als Begründung gaben die Befragten am häufigsten an, dass sie ihre Finanzen gerne im Überblick behalten. Knapp 35 % möchten die Verantwortung nicht selbst tragen und begründen dies meist mit zeitlichem und finanziellen (Steuerberatung) Mehraufwand sowie fehlendem Know-How.
90 % der Befragten gaben an, dass ihnen eine Arbeitslosenversicherung wichtig (65% sehr wichtig; 25% eher wichtig) sei. Ähnlich verhält es sich mit der Wichtigkeit von Unterstützungsleistungen bei Krankheit (93,8%) sowie garantierter Mindestgage, auch bei nicht vollständiger Vertragserfüllung (96%).
Fazit der IG Freie Theaterarbeit
Durch die Umfrageergebnisse wird deutlich, dass es kein einheitliches Beschäftigungsbild der Akteur*innen der freien Szene gibt. Selbstständiges Arbeiten, Anstellungen und Mehrfachbeschäftigungen sind nach wie vor Usus, wobei die selbstständige Form nach wie vor überwiegt. Dementsprechend sind auch die Versicherungsträger – SVS oder ÖGK – zu ungefähr gleichen Teilen vertreten. Allerdings: Mehr als Drittel der Befragten gibt an, zu wenig über die einzelnen Versicherungen zu wissen. Und beinahe alle wünschen sich eine Kranken- und Arbeitslosenversicherung ab dem 1. Tag!
Interessant ist auch, dass die absolute Mehrheit der Künstler*innen aus eigenem Wunsch in der freien Szene arbeitet (80 %). Und zwar „aus Überzeugung und künstlerischen Gründen“.
Ulrike Kuner, Geschäftsführerin der IGFT: “Wir stellen vor allem fest, dass es einen großen Wunsch nach eigenständiger künstlerischer Arbeit in der freien Szene gibt. Aber auch einen großen Informationsbedarf bezüglich der Vertragsformen und der Versicherungsmodelle – und was wie im Einzelfall abgedeckt wird. Es kann sein, dass in den künstlerischen Ausbildungen bislang nicht ausreichend Wert auf das professionelle Leben abseits der Bühne gelegt wird, oder dass die Künstler*innen sich für ihre Rechte, ihre Pflichten, ihre Sozialversicherungen und ihre Möglichkeiten erst interessieren, wenn sie in den Berufsalltag einsteigen und mit der Realität konfrontiert werden. Es gibt einen großen Handlungs- und Informationsbedarf und wir werden auch in Zukunft unsere Beratungsleistungen für die Künstler*innen der freien Szene entsprechend weiter ausbauen. 2020 haben wird 3.200 Menschen beraten, und 2021 ist die Nachfrage bereits noch einmal deutlich gestiegen“.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage “Was ihr wollt” der IG Freie Theaterarbeit im März 2021
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Die IG Freie Theaterarbeit wurde 1988 gegründet und ist Mitglied im Kulturrat Österreich. Seit 2018 ist sie Gründungsmitglied und Sitz des Europäischen Dachverbands der freien darstellenden Künste (EAIPA) mit Mitgliedern in derzeit 17 Ländern.
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