Offener Brief betreffend die Kürzungen der mittelfristigen Förderungen im freien Theaterbereich

Das andere Theater: Offener Brief an den Steirischen Landesrat Buchmann, Juli 2015

Sehr geehrter Herr Landesrat Dr. Buchmann!
Sehr geehrtes Kulturkuratorium!

Seit kurzem liegen die Ergebnisse der mittelfristigen Fördervereinbarungen für den Zeitraum 2016 bis 2018 vor.
Grundsätzlich begrüßen wir die Tatsache, dass junge Theater, welche sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht haben, mit höheren Fördergeldern bedacht wurden und so ihre künstlerische Arbeit zu schätzen gewusst wird.
Diese finanziellen Mittel ermöglichen einen ersten Schritt aus der Prekarität, wobei man dennoch festhalten muss, dass trotz alledem geregelte Anstellungsverhältnisse nicht möglich sind.

Andererseits wurden auch viele künstlerisch vielgeschätzten Theaterinstitutionen um ein Vielfaches gekürzt. Und diese Ergebnisse lassen an vielen Ecken und Enden schockierte und ratlose Gesichter zurück. Planungssicherheit haben Sie versprochen, finanzielle Einschränkungen und eine von Unsicherheit geprägte Aussicht auf die Zukunft sind gekommen!

Die mittelfristigen Fördervereinbarungen sollten die „Rahmenbedingungen für die vielfältige freie und regionale Szene“ schaffen und den Kulturschaffenden „ein korrektes und zukunftsorientiertes Management ihrer Aktivitäten sichern und das Land Steiermark als verlässlichen Partner mit transparenten Entscheidungsgrundlagen positionieren“. So lautet der zitierte Text der Ausschreibung.

Wir als Interessensvertretung der freien Theaterszene Steiermark fragen uns, wie es in Anbetracht der vorliegenden Ergebnisse für KünstlerInnen möglich sein soll, zukunftsorientiert zu arbeiten, wenn die beschlossenen Summen stark gekürzt wurden?
Wie kann es sein, dass Theater mit internationaler Reputation um ein Viertel und mehr gekürzt werden und somit auch Arbeitsplätze der KünstlerInnen der Förderschere zum Opfer fallen?

Auf Basis der auf Ihrer Homepage www.kultur.steiermark.at veröffentlichten Listen zu den Fördersummen haben wir 41 Theaterbetriebe in der Steiermark herausgenommen und die genehmigten Summen für die Förderperiode 2016 – 2018 mit den genehmigten Fördersummen für die Periode 2013 – 2015 verglichen.
Der Vergleich dieser Summen zeigt, dass 17 Theaterbetriebe gekürzt wurden und jeweils 12 Institutionen gleich geblieben sind oder gar erhöht wurden.
Ebenso zeigen die Werte auf, dass mehrere Theater betroffen sind, die bemüht sind, das Theater in die Steirischen Regionen zu bringen und somit BesucherInnen einen Theatergenuss auch in ihrer Gemeinde oder in ihrer Region zu ermöglichen, der ihnen ansonsten verwehrt geblieben wäre oder mit einem hohen Zeit- und Kostenfaktor für die Anreise in die größeren Städte verbunden gewesen wäre. Gerade die Kürzungen in diesem Bereich stehen in einem großen Widerspruch zu den von Ihnen im Call formulierten Richtlinien bezüglich der regionalen und vielfältigen Szene in der Steiermark und dem dezidiert gewünschten Steiermark-Effekt und Bezug.

Beim letzten Roundtable im Zuge des bestOFFstyria Festivals 2014 wurde von Seiten der KulturveranstalterInnen als auch den Kulturschaffenden der Wunsch geäußert, die Gastspieltätigkeit in der Steiermark verstärkt anzukurbeln und die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern und neue Konzepte zu erarbeiten.
Aber wie sollen zukünftig mehr Gastspiele ermöglicht werden – ergo Verdienstmöglichkeiten für die Theater geschaffen werden – wenn regionale Kulturinitiativen wie beispielsweise das Kulturviech in Rottenmann keine Förderung mehr bekommen?
Wie soll Gastspieltätigkeit angekurbelt werden, wenn die Fördergelder für Theaterfestivals in der Steiermark um bis zu 20 Prozent gekürzt wurden?

Als würden diese Einschnitte noch nicht reichen, hat die Tatsache, dass alle im Kulturkuratorium vertretenen Institutionen keinerlei Kürzungen hinnehmen mussten, im Gegenteil, diese sogar höhere Fördergelder verzeichnen konnten, einen schalen Beigeschmack bei den übrigen AntragsstellerInnen hinterlassen. Das Missfallen all jener Institutionen, die diese Vorgehensweise als sehr fragwürdig erachten und den Wunsch nach einer Änderung des Entscheidungsprozesses in Hinblick auf die Fördergelder äußern, ist verständlich.

Wir als VertreterInnen der freien Theater fordern, dass künftig Kürzungen begründet werden und man den Dialog mit den Ansuchenden sucht. Dies möge eine höhere Transparenz gewährleisten und somit auch die Möglichkeit schaffen, auf Vorschläge und/oder konstruktive Kritik des Kulturkuratoriums einzugehen. Dies könnte ein erster Schritt dahingehend sein, das fehlende Vertrauen in das Kulturkuratorium herzustellen und zukünftig ein gutes Miteinander zu schaffen.
Des Weiteren schließen wir uns den Wünschen der IG Kultur und diversen anderen InitiativenvertreterInnen an, dass das Kulturkuratorium und die Entscheidungsfindung bezüglich der Förderhöhen umstrukturiert werden sollen.

Mit den besten Grüßen
Für Das andere Theater
Andrea Egger – Dörres & Katharina Dilena
Geschäftsführung Das andere Theater

Standard-Artikel: derstandard.at/2000018986190/S…

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