IG Autorinnen Autoren: Offener Brief an Koalitionsverhandler*innen

Offener Brief an die Koalitionsverhandler*innen zum Wert von Kunst und Kultur

Kunst und Kultur drohen unter Schwarztürkisblau bundesweit schwierige Zeiten. Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren sucht Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung, die mit ihm die unten stehende Erklärung „Der Wert von Kunst und Kultur“ unterschreiben.
Unterstützungen bitte so rasch als möglich per Mail an gr@literaturhaus.at senden.
Der Text wird von Gerhard Ruiss noch bis Ende dieser Woche mit allen Unterschriften an die Koalitionsverhandler*innen geschickt.


Hier der Text:
Der Wert von Kunst und Kultur

Kunst und Kultur haben im eben zu Ende gegangenen Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt. Umso deutlicher kommt gleich im ersten nach der Nationalratswahl vorgestellten Budget, dem des schwarz-blau regierten Landes Oberösterreich für 2018, zum Ausdruck, welche Bedeutung Kunst und Kultur in der Zukunft zugestanden wird: Unter anderem wird bei ihr kräftig gespart, vor allem, um Mittel für die Digitalisierung freizumachen, wie der oberösterreichische Landeshauptmann erklärte. Die Vielfalt des künstlerischen und kulturellen Lebens wird durch ideelle Geringschätzung und weniger Geld gefährdet, ihre Bedeutung im öffentlichen Leben weiter ausgehöhlt.

Diese Politik steht nicht nur in krassem Gegensatz zu den Eigendefinitionen Österreichs als „Kulturnation“, ja „Kulturweltmacht“, sie stellt auch eine grobe Missachtung der von Österreich unterzeichneten und mitgetragenen Unesco-Konvention für kulturelle Vielfalt dar. Im Artikel 10 dieses völkerrechtlichen Abkommens heißt es:

Die Vertragsparteien
a) stärken und fördern das Verständnis für die Bedeutung, die dem Schutz und der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zukommt, unter anderem durch Bildungsprogramme und Programme zur Förderung der Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit;
b) arbeiten mit anderen Vertragsparteien sowie mit internationalen und regionalen Organisationen zusammen, um das Ziel dieses Artikels zu erreichen;

Der Wortlaut des Artikels 10 ist eindeutig. Wir fordern seine Einhaltung und Umsetzung, sowohl durch entsprechende Berücksichtigung im Regierungsprogramm als auch durch die ebenso vorgesehene Einbindung der betreffenden zivilgesellschaftlichen Einrichtungen in die Programmerstellung laut Artikel 11:

Die Vertragsparteien erkennen die grundlegende Rolle der Zivilgesellschaft beim Schutz und bei der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen an. Die Vertragsparteien ermutigen die Zivilgesellschaft zur aktiven Beteiligung an ihren Bemühungen, die Ziele dieses Übereinkommens zu erreichen.

Seit zehn Jahren warten Kunstschaffende, Kulturvermittler, die Kulturwirtschaft usw. auf Initiativen der österreichischen Bundesregierung zur Bewusstseinsbildung für den Wert von Kunst und Kultur in der Öffentlichkeit. In dieser Zeit wurden stattdessen Schulreformen umgesetzt, die musische Fächer und Inhalte zurückdrängen, wurde der um sich greifenden Lust kulturferner Kreise, die Kulturstaatstradition dieses Landes vehement in Frage zu stellen, nichts entgegengesetzt, wurde der völkerverbindenden Kraft von Kunst und Kultur in schwierigen Zeiten bewusst Nachrang eingeräumt. So erschwerte man, ebenfalls gegen Buchstaben und Geist der Unesco-Konvention für kulturelle Vielfalt, die Visaerteilung für Kunstschaffende aus Ländern, deren Bevölkerung nur noch als potentielle Armutsmigranten wahrgenommen wird.

Kunst und Kultur sind kein Rahmenprogramm für anstrengende Konferenztage, keine Behübschung wichtigeren Tuns. Sie sind selbst von größter Bedeutung, für die umfassende Bildung und Entfaltung der Gesellschaft ebenso wie als wirtschaftlicher Faktor.

Wir fordern daher die künftige Regierung zu größtmöglicher Aufmerksamkeit gegenüber Kunst und Kultur auf sowie zur maximalen Sorgfalt im Umgang mit ihr und legen größten Wert auf die Einbindung von Kunst- und Kulturschaffenden sowie ihren Einrichtungen in die Entwicklung von Kunst- und Kulturprogrammen der politisch Verantwortlichen. Es gilt, das Erreichte zu sichern und auf dem gesicherten Erreichten aufzubauen. Es gilt vor allem, die Verbindungen zwischen Kultur-, Bildungs- und Medienpolitik auszubauen und die elementar wichtige Rolle von Kunst und Kultur für ein gedeihliches Miteinander aller gesellschaftlichen Schichten und Gruppierungen zu stärken.

Für die Konkretisierung einer bundesweiten Kampagne zum Zwecke der Bewusstseinsbildung für den Wert einer vielfältigen Kunst- und Kulturlandschaft stehen wir nicht nur gern zur Verfügung, wir erwarten uns vielmehr Gesprächseinladungen.

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