Das Jahr 2023 war für die Interessengemeinschaft Freie Theaterarbeit (IGFT) geprägt von intensiver Arbeit, die Belange der freien darstellenden Künstler:innen in Österreich zu vertreten und zu stärken. Es gab viele Veranstaltungen – darunter unser 35. Geburtstag, den wir mit dem Branchentreff feierten. Wir möchten einen Rückblick auf einige der zentralen Ereignisse und Aktivitäten werfen – und natürlich auch einen nach vorn, in das Jahr 2024. Hier eine kursorische Übersicht über die wichtigsten Schritte und Themen:
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- Offener Brief: ORF-Sparplan und die Bedrohung zeitgenössischen Kunstschaffens
Im Februar hat die IGFT einen offenen Brief veröffentlicht, der den ORF-Sparplan kritisiert und die Gefahr für das zeitgenössische Kunstschaffen und die Beschäftigung von Künstler:innen in den Fokus rückt. Konkret ging es um das Radiosymphonieorchester, das einzige Orchester mit über 40% Frauenanteil. Dieser Aufruf zur Solidarität hat breite Unterstützung gefunden und verdeutlicht die Wichtigkeit der Medienunterstützung für die Kunstszene.
- Umfrage zur Altersvorsorge und -pension von freien darstellenden Künstler:innen in Österreich
Mit einer umfassenden Umfrage von November 2022 bis April 2023 haben wir Einblicke in die Altersvorsorge und Pensionssituation der freien Künstler:innen in Österreich gewonnen. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für weitere Schritte zur Verbesserung der sozialen Absicherung. Fast 300 Pensionierte und Nicht-Pensionierte haben teilgenommen. Die Ergebnisse sind ernüchternd, da sie erneut die prekäre Lebenssituation von freien darstellenden Künstler:innen verdeutlicht, die sich auch im Alter fortsetzt. Einige haben sogar keinen Anspruch auf die staatliche Pension, da sie aufgrund hybrider Beschäftigungsverhältnisse nicht ausreichend Ansprüche gesammelt haben und somit keine Pensionsversicherungszeiten zustande kamen. Eine erste Zusammenfassung der Ergebnisse wurde in der gift 03/2023 veröffentlicht. Der Endbericht wird aktuell übersetzt und in den nächsten Wochen veröffentlicht.
- Meinungsbild zu professionellem Tanztraining und Probemöglichkeiten in Wien
Die IGFT hat ein Meinungsbild initiiert, um die Herausforderungen im Bereich des professionellen Tanztrainings und der Probemöglichkeiten in Wien zu identifizieren. Dies ermöglichte, gezielte Forderungen zur Verbesserung der Bedingungen für Tanzschaffende zu entwickeln. Die Ergebnisse waren eindeutig: Trotz aller Bemühungen gibt es nach wie vor kein verlässliches Angebot für täglich stattfindendes professionelles Techniktraining für Tänzer:innen in Wien. Der Tanzstandort Wien kann v.a. im internationalen Vergleich kaum mithalten.
Durchwegs wird in den Antworten der große Bedarf an zentralen, günstigen und professionellen Trainingsmöglichkeiten deutlich. Damit der hohe künstlerische und technische Standard der professionellen Tänzer:innen bedient werden kann, ist es unverzichtbar, dass es für diesen Berufsstand ausreichend Möglichkeiten gibt, sich fit zu halten und Tanztechniken zu trainieren, aufzubauen und zu verfeinern.
Es gibt mehrere Initiativen in Wien, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, genau das anzubieten, allerdings werden diese Angebote derzeit nicht ausreichend gefördert. Konkrete Forderungen sind hier einsehbar: https://freietheater.at/blog_entry/verlaesslichkeit-transparenz-nachhaltige-loesungen-fuer-professionelles-tanztraining-in-wien/
- Offener Brief und Forderungskatalog: Sozialversicherung für Künstler:innen in Österreich
Im Mai veröffentlichte die IGFT gemeinsam mit weiteren Interessengemeinschaften einen offenen Brief an die Regierung, um auf die hybriden Beschäftigungsverhältnisse von Künstler:innen aufmerksam zu machen, für die es bis dato keine Lösung hinsichtlich doppelter Krankenversicherung gibt. Dieser Offene Brief wurde als Petition zur Behandlung in den Nationalrat eingebracht. Brief und Forderungskatalog sind hier zu finden: https://freietheater.at/wp-content/uploads/2023/05/Forderungen_KunstKultur0523.pdf
- Kooperation mit den Bundestheatern
Die bestehende Kooperation mit den Bundestheatern wurde weiter ausgebaut. Ziel ist es, für die (Gast)künstler:innen an Staatsoper, Burgtheater und Volksoper faire Verträge, faire Bezahlung und eine faire Kommunikationsebene zu erreichen. Der regelmäßige Austausch zwischen IGFT und den Bundestheatern wurde in der Ziel-Leistungsvereinbarung des BMKÖS mit der Bundestheater-Holding verankert.
- Der Fairness Katalog
Ein Highlight unseres Jahres war die Veröffentlichung des Fairness Katalogs. In einem anderthalbjährigen Prozess erarbeitete eine Arbeitsgruppe mit Player:innen der freien darstellenden Szene konkrete Vorschläge zu den vier Kernwerten des Fairness Codex (Respekt & Wertschätzung, Nachhaltigkeit, Vielfalt, Transparenz) aus, die direkt in den Arbeitsalltag integriert werden können. Damit steht zum ersten Mal ein Instrument zur Verfügung, das den vom Bund und allen Bundesländern unterschriebenen Zielen folgt und direkt in der Praxis anwendbar ist. Der Katalog ist in englischer und deutscher Sprache erhältlich und versteht sich als ‚lebendes Dokument‘. Er wird auf Anregungen aus der Szene laufend erweitert und ergänzt. Zum Fairness Katalog: https://freietheater.at/publikationen/
- Kulturstrategien der Länder & Proben- und Arbeitshaus für Darstellende Kunst in Wien
Die Stadt Wien startete eine Beteiligungsphase für die Kulturstrategie 2030, zu der wir ausführliches Feedback eingebracht haben. Auch andere Bundesländer haben vor Kurzem neue Kulturstrategien veröffentlicht, die wir analysieren und voraussichtlich in der gift 01/2024 vergleichen werden. In einer Reaktion auf den sehr begrüßenswerten Schritt der Stadt Wien, am Otto-Wagner-Areal geplanten ‚Hot-Spot‘ für Bildende Künstler:innen – mit 23 Ateliers, 8 Residency-Wohnungen, Ausstellungs- und Präsentationsflächen – zu errichten, forderten wir ein Proben- und Arbeitshaus für die Darstellende Kunst und für die starke freie Szene in Wien, wo Künstler:innen arbeiten, sich treffen, austauschen und weiterentwickeln können, wo (internationale) Residencies und Aufführungen möglich werden. Entsprechende Forderungen und erste Konzepte liegen der Stadt Wien seit 2020 vor – diese gilt es jetzt umzusetzen.
- Mitarbeit am der Theaterarbeitsgesetz (TAG) – Novelle
Bereits seit 2021 arbeiten wir gemeinsam mit dem BMKÖS, dem Arbeits- sowie dem Sozialministerium an einem Entwurf für das neue Theaterarbeitsgesetz (TAG). Unser Ziel ist es, v.a. die sehr schwammigen Regelung btr. der Aushändigung eines Gastvertrages zu verschärfen, damit dieser nur noch für nachweisbar besserverdienende Künstler:innen ausgereicht werden kann. Dies bedeutet, dass viele Künstler:innen durch reguläre (befristete) Bühnendienstverträge (entspr. ASVG) einen besseren Schutz z.B. bei Krankheit und btr. der Entgeltfortzahlungsverpflichtung von Seiten der Theater aus erhalten werden. Die Beschlussvorlage soll noch 2023 im Parlament vorliegen.
- FAIRträge – ein Appell zum Saisonstart der Theater und Veranstalter:innen
Im September veröffentlichten wir Empfehlungen und faire Kriterien für Vertragsgestaltungen der IG Freie Theaterarbeit an österreichische Theaterunternehmer:innen und Veranstalter:innen. Diese Empfehlungen richteten sich nach dem TAG und dem Fairness Codex und betonten die Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden. Maßnahmen zum Schutz der Künstler:innen sind im Besonderen faire Verträge, faire Bezahlungen und korrekte Beschäftigungen, aber auch Antidiskriminierungsklauseln gehören dazu. Zu den Empfehlungen: https://freietheater.at/blog_entry/fairtraege-ein-appell-zum-saisonstart-der-theater-und-veranstalterinnen/
- Bund erhöht IG Netz Finanzierung
Im Rahmen weiterer geplanter Schritte zur Absicherung für freie darstellende Künste wird auch die Finanzierung des IG Netz durch den Bund um 200.000 € jährlich (von 500.000 € auf 700.000 €) erhöht. Die IGFT verzeichnet immer mehr Antragsteller:innen beim IG Netz, d.h. immer mehr Künstler:innen werden angestellt und damit besser abgesichert.
- Anpassungen der Honoraruntergrenzen-Empfehlungen (HUG) ab dem Einreichtermin Februar 2024 für Projektrealisierungen ab 2025
Zuletzt veröffentlichten wir neue Empfehlungen für die HUG, um die allgemeine Inflationsanpassung auch für die freie Szene abzubilden. Wir schlagen ab dem Einreichtermin Februar 2024 eine Anpassung der Honoraruntergrenze für Projekt- und 1-2 Jahresförderungen („Einzel- und Gesamtförderung“) in Wien vor. Die Werte wurden sowohl der Stadt Wien als auch dem BMKÖS bereits kommuniziert und wir erwarten jeweils eine deutliche Erhöhung der entsprechenden Budgets ab 2025. Die neuen HUG sollen ab dem Einreichtermin der Stadt Wien / Kulturabteilung am 15. Februar für Ansuchen, die im Folgejahr – also 2025 – realisiert werden, angewandt werden. Genaue Infos mit Rechenbeispielen und das Kalkulationstoll findet ihr hier: https://freietheater.at/honoraruntergrenze/
Projekte & Veranstaltungen
- „Was dir in der Ausbildung niemand sagt“ – BOOT CAMP für den Berufseinstieg als Künstler:in
Unter dem Motto „Was dir in der Ausbildung niemand sagt“ hat die IGFT ein Bootcamp für den Berufseinstieg als Künstler:in organisiert. Dieses praxisnahe Programm bot in 8 Onlineveranstaltungen im Mai angehenden Künstler:innen und Studienabgänger:innen wichtige Einblicke und Werkzeuge für einen erfolgreichen Start in die professionelle Welt. Wir konnten über 200 Teilnehmer:innen verzeichnen. Die Veranstaltungen wurden aufgezeichnet und werden Mitgliedern der IGFT auf Nachfrage gern zugeschickt. Die Veranstaltungen sind hier gelistet: https://freietheater.at/blog_entry/was-dir-in-der-ausbildung-niemand-sagt-bootcamp-fuer-den-berufseinstieg-als-kuenstlerin/
- Branchentreffen und Jubiläum: 35 Jahre IGFT
Die IGFT feierte im September ihr 35-jähriges Bestehen mit einem Branchentreff und einem facettenreichen Programm. Dieses Jubiläum war Anlass, die Erfolge der vergangenen Jahre zu reflektieren und den Blick in die Zukunft zu richten. Der Branchentreff war ein erster Versuch nach internationalem Vorbild, zu dem wir positive Rückmeldungen bekommen haben und daher planen, ca. einmal pro Jahr etwas ähnliches zu veranstalten. Wir bedanken uns nochmal herzlich bei allen – Politik, Verwaltung, Fördergebende, Vorstand, Team, Bundeslandsprecher:innen, Wegbegleiter:innen und -bereiter:innen – und natürlich besonders bei euch, unseren Mitgliedern, dass ihr den Weg mit uns bis hierhin gegangen seid und uns durch eure lieben Rückmeldungen immer wieder neue Motivation gebt, unsere Arbeit fortzuführen uns für eine starke freie Szene zu kämpfen! Vielen Dank noch einmal an alle, die dabei waren und unseren Geburtstag mit uns gefeiert haben.
- BOSS CAMP – für Menschen mit Leitungsverantwortung für Projekte und Vereine in Kunst und Kultur
Von Oktober bis Dezember widmeten wir uns in 14 Onlineveranstaltungen mit tollen Gästen der Leitungsebene von Projekten und Vereinen. Das habt ihr euch in der Rückmeldung zum BOOT CAMP ausdrücklich gewünscht, daher sind wir dem natürlich gern gefolgt. Das BOSS CAMP hat sich vor allem zum Ziel setzt, die Kompetenzen der Verantwortlichen in Kunst und Kultur zu stärken und künstlerisches Unternehmer:innentum zu fördern. Dabei fokussierten wir vor allem auf die Komplexität der Aufgaben. Wir haben euch Tools, Handlungsoptionen und Erfahrungen mit auf den Weg gegeben und Best-Practice-Beispiele aus der Freien Theater- und Kulturszene kennengelernt sowie Expert:innenbeiträge organisiert. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmer:innen, die ihre Perspektiven eingebracht haben und diese Veranstaltungsreihe zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Eine Dokumentation ist in Arbeit und nachdem alle Videos geschnitten wurden, schicken wir auch wieder den Link dazu aus.
- at NEU
Wir haben gemeinsam mit Künstler:innen des zeitgenössischen Zirkus viel Austausch gepflegt, um die Belange und Wünsche dieser Sparte besser erfassen zu können. Dies mündet nun in die Entwicklung einer neuen, umfassenden Info-Seite zirkusinfo.at, die voraussichtlich ab Juni 2024 zur Verfügung stehen wird. Wir werden – aufbauend auf den Erfahrungen 2023 – ein Website mit Übersichten über Strukturen, über Förderungen, eine Künstler:innen-Kontaktdatenbank, aber auch über alles notwendige zusätzliche Wissen erstellen.
- at NEU
Der theaterspielplan.at wurde neu designt, mit neuen Funktionen ausgestattet und ist seit Herbst 2023 wieder online verfügbar. Neben der Information zum aktuellen Spielgeschehen in ganz Österreich dient dieses Tool auch als „Archiv der freien Szene“ und listet sämtliche Einträge (Stück, Spielort, Datum, Beteiligte, Kompanien u.a.) seit der Entstehung in 2006 auf.
- „Systemcheck“ – BFDK Berlin (DE) 2021-2023: IGFT im Fachbeirat und Beispiele aus Österreich in den Fachpublikationen und -diskussionen
Obwohl die mangelnde soziale Absicherung der freien Szene seit Jahrzehnten diskutiert wird, wurde sie weder in der Arbeitssoziologie noch in den Kulturwissenschaften systematisch erforscht. Hier setzte das deutsche Projekt „Systemcheck“ an und untersuchte die Arbeitsrealitäten, die in den freien Strukturen der darstellenden Künste zu finden sind. Die große Forschungsfrage lautete: Können die bestehenden sozialen Absicherungssysteme mittel- und langfristig auch für die Arbeitssituationen von Solo-Selbstständigen und Hybridbeschäftigen im Bereich der darstellenden Künste wirksam gemacht werden? Falls ja: wie? „Systemcheck“ brachte Akteur:innen und Expert:innen aus Praxis, Politik und den Gewerkschaften, aus Wissenschaft, Fachverbänden und Verwaltung zusammen. Es erhob und untersuchte Statistiken und Praxisberichte und formulierte daraus wissenschaftliche Themendossiers und Diskussionspapiere. Diskussionen darüber erfolgten im Rahmen von Workshops sowie im Rahmen größerer Konferenzen. Zum Abschluss erschien eine Fachpublikation: Darin wurden die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Analyse und aus dem bereichsübergreifenden Austausch in konkrete umsetzbare Handlungsempfehlungen für die Politik übertragen.
Die IGFT war aktiv an diesem zweijährigen Prozess beteiligt. Sowohl im Fachbeirat wie auch bei den Fachpublikationen wurden die Beispiele aus Österreich beschrieben und diskutiert, u.a. in der Publikation „Wer kümmert sich?“ – und gerade das Beispiel des IG Netz fand international große Anerkennung. Publikationen von „Systemcheck“ sind hier zu finden: https://freietheater.at/publikationen/
- vera* Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport
Seit September 2022 gibt es die Vertrauensstelle vera*, die es sich zum Ziel gemacht hat, Betroffenen von Machtmissbrauch, Gewalt und Belästigung jeder Art in Kunst und Kultur u.a. durch Einzelberatungen zu helfen. Seit Herbst 2023 gibt es ein neues Team und mit Clara Gallistl eine neue Geschäftsführung. Unsere Geschäftsführerin Ulrike Kuner ist weiterhin Vorstandsvorsitzende des Vereins, der sich um den Kunst- und Kulturzweig kümmert. Wir sind daher im engen Austausch mit vera* und werden in Zukunft gemeinsam an Präventionsangeboten arbeiten.
Beratungstätigkeit & Infoveranstaltungen
Dieses Jahr fanden über 1.200 Beratungen per Telefon, online und wieder regelmäßig persönlich statt. Dabei standen bekannte Themen im Mittelpunkt: Am meisten drehten sich Beratungen und Anfragen um Förderungen, Einreichungen, Abrechnungen und allem was dazu gehört. Die SVS und der KSVF gehörten ebenfalls zu den gefragtesten Themen. Die Gründung und Führung von Vereinen bleibt ebenfalls ein zentrales Thema der künstlerischen Arbeit in Österreich.
Insgesamt fanden 50 Infoveranstaltungen mit über 900 Teilnehmer:innen aus allen Bundesländern und dem europäischen Ausland statt. Neben dem BOOT CAMP für Berufseinsteiger:innen ist vor allem unser erster Branchentreff im September hervorzuheben. Auch das BOSS CAMP, welches über ein Drittel aller Teilnehmer:innen anzog, ist auf viel Aufmerksamkeit gestoßen!
ACT OUT – Tour- und Residencyförderprogramm
Mit ACT OUT, dem Tour- und Residency-Förderprogramm für freie Theater- und Performancekünstler:innen, bietet das BMEIA – Auslandskultur in Kooperation mit der IG Freie Theaterarbeit ein Förderprogramm für freischaffende darstellende Künstler:innen und Theatergruppen, welches Tour- und Arbeits- (also Residenz)möglichkeiten im Ausland unterstützt.
Zusätzlich gibt es mit ACT OUT online eine Video-Plattform auf Vimeo, auf der Künstler:innen / Theatergruppen Mitschnitte ihrer Bühnenproduktionen hochladen können und welche u.a. für die Österreichischen Kulturforen als Auswahlkatalog für Streamings und Einladungen fungiert.
ACT OUT scheint in der Szene weiter an Bekanntheit zu gewinnen, was sich durch die gesteigerte Anzahl der Förderanträge zeigt. Der Fördertopf war wie in den vorherigen Jahren schnell ausreserviert – der Bedarf lag wieder einmal weit über unseren Möglichkeiten. Insgesamt konnten im Jahr 2023 12 Projekte gefördert werden, und 43 Künstler:innen ins Ausland reisen.
Es konnten 9 Kreationsresidenzen in den Bereichen Tanz & Performance und zeitgenössischer Zirkus gefördert werden. Neben europäischen Residenzorten in Belgien, Finnland, Deutschland, Schweden und der Schweiz, fanden auch Aufenthalte in Thailand, Singapur und den USA statt.
Obwohl dieses Jahr nur drei Gastspiele mit ACT OUT gefördert wurden, fuhren mit diesen drei Projekten insgesamt 16 Künstler:innen auf Tournee. Die Projekte spielten in Deutschland, Italien und Mexiko und waren aus den Genres Sprechtheater, Objekttheater und Kinder- und Jugendtheater.
Es wurde auch in diesem Jahr die online Streaming-Plattform weitergeführt, welche einen Auswahlkatalog von Mitschnitten österreichischer Theater- und Performanceproduktionen anbietet. Die Möglichkeit zu Reisen hat die Tätigkeit der freien darstellenden Gruppen und der Veranstalter:innen wieder deutlich aus dem digitalen in den analogen Raum verlegt, aber es finden sich derzeit trotzdem 149 Videos auf der Plattform. Manche Künstler:innengruppen nutzen ACT OUT online auch als kostenfreies Archiv und im Jahr 2023 wurde auch der ACT OUT Newsletter weiter geführt, welcher Veranstalter:innen und Kulturforen über die geförderten Projekte und die online gestellten Videos informiert.
Zum Jahresende sind wir im Team natürlich bereits dabei, das kommende Jahr vorzubereiten. Während wir noch die Antragsformulare für 2024 online stellten, kümmern wir uns schon um die Übergabe der Projektleitung: Esther Baio wird sich mit 2024 in Elternkarenz begeben und Valentin Werner, aus dem IGFT-Beratungsteam, wird in dieser Zeit die Projektleitung von ACT OUT übernehmen. Auch in der Jury wird es einen Wechsel geben: nach drei Jahren verabschieden wir dankend Angela Heide und Philippe Riera und begrüßen die neuen Jurymitglieder Cornelia Böhnisch und Marlies Pucher. Teresa Waas aus Tirol wird uns noch im Jahr 2024 erhalten bleiben, bis auch ihre dreijährige ACT OUT Jurytätigkeit ausläuft.
IG Netz
Das IG Netz wurde im Jahr 1991 eingerichtet, um unselbständige Beschäftigungen, also Anstellungen von Künstler:innen und Produktionsleiter:innen, im Bereich der freien professionellen Darstellenden Kunst (DK) zu fördern. Konkret bezuschusst IG Netz den Anteil an Sozialversicherungsbeiträgen von Dienstgeber:innen bei Anstellungen. Ansuchen können Dienstgeber:innen, also u.a. Vereine, Veranstalter, Ensembles stellen. Das IG Netz wird von der IG Freie Theaterarbeit im Rahmen einer jährlichen Projektförderung verwaltet und aus Mitteln der Kunstsektion des Bundes / BMKÖS und ab dem Jahr 2020 der Bundesländer Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien finanziert.
Die Mitfinanzierung der Bundesländer und die gemeinsame Fair-Pay-Strategie des Bundes und der Bundesländer hat innerhalb kurzer Zeit zu zahlreichen Verbesserungen der Rahmenbedingungen geführt.
- vereinfachter Zugang zum IG Netz: Antragsberechtigt sind Dienstgeber:innen schon mit dem Nachweis einer Förderung in einem mitfinanzierenden Bundesland
- Erhöhung des Zuschusses von € 200 auf € 300/Person und Monat
- Erhöhung der jährlichen Projektförderung des Bundes von € 300.000 auf € 700.000 (ab Zuschüssen zum 1. und 2. Halbjahr 2023),
- Erhöhung der Zugangsgrenze mit Förderungen aus öffentlichen Mitteln auf jährlich höchstens € 650.000.
Generell erweist sich das IG Netz u.a. durch die mit Anstellungen verbundenen Leistungen als wichtiges Instrument für faire Bezahlung und bewirkt einen Anspruch der Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen auf die sozialen Sicherungssysteme – wie etwa Krankengeld ab dem 1. Tag, Kurzarbeits-, Altersteilzeit- oder Arbeitslosenunterstützung, Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen durch das AMS, Pensionsansprüche, keine Zuzahlung bei Ärzt:innen – und vieles mehr.
Der signifikante Anstieg der Monatsanstellungen ab dem Jahr 2019 lässt sich auch auf die Öffnung und Erweiterung des IG Netzes durch Mitfinanzierung von sieben Bundesländern ab dem Kalenderjahr 2020 (IG Netz-Zuschüsse ab dem 2. Halbjahr 2019) zurückführen. Zum Vergleich: Für das 1. Halbjahr 2017 wurden von IG Netz 968 Monatsanstellungen unterstützt, im 1. Halbjahr 2023 sind es mit 2.048 Monatsanstellungen mehr als doppelt so viele.
Obwohl diese Entwicklung zu mehr Anstellungen so positiv ist, sprengen die daraus entstandenen Ansprüche den bisherigen Finanzrahmen ab den Zuschüssen zum 1. Halbjahr 2022. Zum Zuschussjahr 2023 suchte die IGFT beim BMKÖS um IG-Netz-Zuschüsse in Höhe von € 750.000 an, davon wurden erfreulicherweise € 700.000 zugesagt. Trotzdem werden die Mittel für das Zuschussjahr 2023 den Gesamtbedarf nicht ausreichend abdecken. Wir werden uns weiterhin um zusätzliche Mittel aus dem BMKÖS bemühen.
EAIPA – European Association of Independent Performing Arts
Im Jahr 2018 wurde der Europäische Dachverband der freien darstellenden Künste ins Leben gerufen und hat seinen Hauptsitz im Büro der IG Freie Theaterarbeit in Wien. Unsere Geschäftsführerin, Ulrike Kuner, fungiert seither als Präsidentin dieses Verbands, der aktuell Partnerorganisationen aus 22 Ländern vereint. Die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit bereiten uns große Freude und stellen eine bedeutende Ergänzung zu unserer politischen Arbeit auf nationaler und regionaler Ebene in Österreich dar. Heuer durften wir zwei neue Vollmitglieder begrüßen – Unia Teatrów Niezależnych aus Polen und Kulturanova aus Serbien.
- Online-Series: Fairness in Focus 2022/2023
Die Veranstaltungsreihe Fairness in Focus startete bereits im November 2022 und wurde bis Mai 2023 weitergeführt.
- 11.2022: funding structures
- 01.2023: social insurance systems
- 03.2023: minimum fee recommendations & fair pay
- 05.2023: intermittency systems
Die Veranstaltungen fanden großen Anklang und es wurden durch die aufwendige Recherche und besonders viel Übersetzungsarbeit neue Erkenntnisse und Beispiele zu den jeweiligen Themen aus anderen Ländern gewonnen. Internationale Best-Practice-Beispiele helfen auch uns, neue Forderungen und Ideen zu entwickeln. Es ist schön zu sehen, dass die Arbeit von EAIPA der internationalen Gemeinschaft so viel bringt.
- Share and Eco-Care – Let’s celebrate World Theatre Day!
Zum Welttheatertag am 27.03. lud EAIPA zu einem informellen Austausch unter Kolleg:innen ein: Im Sinne von „Sharing & Caring“ wollten wir Erfahrungen zum umweltfreundlichen Produzieren und Touren in der freien darstellenden Szene vergleichen und teilen. Passend dazu trafen wir uns online, aber nicht auf Zoom: Auch wenn wir nicht physisch reisen, emittieren wir immer noch CO2 durch die Online-Apps, die wir verwenden. Deshalb haben wir begonnen, unsere digitalen Werkzeuge zu überarbeiten und uns für diese Veranstaltung erstmals entschieden, die umweltfreundlichere Alternative „Fairkom“ zu testen, das seitdem für alle Onlineveranstaltungen genutzt wird.
- Internationale Konferenz der freien darstellenden Künste in Prag
Im Juni wurden wir von unserer tschechischen Mitgliedsorganisation Asociace nezávislých divadel ČR nach Prag zu einer internationalen Konferenz eingeladen. Ulrike stellte dort u.a. den Fairness Prozess in Österreich und den Fairness Codex als Best-Practice-Beispiel vor, u.a. dem Kulturstadtrat von Prag und dem tschechischen Kunst- und Kulturminister. Seither gibt es auch in Tschechien eine intensive Diskussion über die Einführung von Honoraruntergrenzen und Fair Pay. Auch wir durften von den internationalen Kolleg:innen viel lernen und in unser Programm integrieren.
- Online-Series: Artists in Focus 2023/2024
Nachdem „Fairness in Focus“ so gut aufgenommen wurde, startete EAIPA im November eine neue Veranstaltungsreihe. Dieses Mal sollen die Künstler:innen in den Fokus gerückt werden, um wieder Beispiele aus verschiedenen Ländern zu vergleichen und entsprechend in die Agenda der nationalen Verbände integriert werden. Wir laden euch herzlich zu den verbleibenden drei Veranstaltungen ein.
- 11.2023 – Mental health in focus
- 01.2024 – Career support
- 03.2024 – Arts as public health service
- 05.2024 – Chain of responsibilities: funding politics
Anmeldung: https://www.termino.gv.at/meet/b/df6d9cfd8616c681a9edcd70b87a2638-262978
- Publikation: Thomas Fabian Eder: Independent Performing Arts in Europe. Establishment and survival of an emerging field. London 2023.
2023 veröffentlichte Dr. Thomas Fabian Eder seine Dissertation an der LMU München, die auf Basis von mehr als 1.030 Tiefeninterviews von freischaffenden darstellenden Künstler:innen in Europa beruht. In Kooperation mit EAIPA gelang somit eine so umfassende und weitreichende Studie und Erhebung der Arbeitsbedingungen der Künstler:innen wie nie zuvor. Prof. Christopher Balme von der LMU München dazu: „This book […] examines in remarkable empirical detail a whole range of questions regarding income, social security, and governance of the independent performing arts in Europe. It will become a benchmark for future research”.
Nachhaltigkeit bei der IGFT
Unter dem Motto „Rituale ändern: grün, gemeinsam, gescheit“ sollte das Jahr 2023 bei uns ganz im Zeichen der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit stehen. Was hat sich seither getan? Die IG Freie Theaterarbeit steht für ein verantwortungsbewusstes Arbeit und unternimmt folgende Schritte, um umweltfreundlicher zu arbeiten und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
- Reduktion von Plastik
- Energieeffizienz
- Nachhaltige Beschaffung, auch bei Strom und digitalen Angeboten
- Vermeidung von (Papier)abfall
- Reparatur von Büromöbeln und Geräten statt Austausch
- Anreise mit dem Fahrrad und Öffis
- Nachhaltige Bewirtung
- Nachhaltiges Konferenztool für Online Infoveranstaltungen und Beratungen
- Bewusstseinsbildung
Genaueres zu allen umweltfreundlichen Maßnahmen findet ihr auf unserer Website: https://freietheater.at/nachhaltigkeit/
DANKE
Die IGFT dankt allen Mitgliedern, Unterstützer:innen, Künstler:innen und Partner:innen für ihre engagierte Zusammenarbeit. Wir bleiben fokussiert darauf, die Bedingungen für freie darstellende Künstler:innen zu verbessern und eine lebendige und gerechte Kunstlandschaft in Österreich zu fördern.
Wir möchten die Gelegenheit nutzen, ein großes Dankeschön an das gesamte Team der IGFT auszusprechen. Das Team hat auch in diesem Jahr sein Bestes gegeben, hat nach neuen Herausforderungen gesucht und gefunden, und unser Angebot kontinuierlich erweitert. Unser besonderer Dank geht an Stephanie Schwarz, Barbara Stüwe-Eßl, Carina Werthmüller, Valentin Werner, Esther Baio, Patrick Trotter, Christian Keller, Clara Zeiszl und Winona Bach.
Ein herzliches Dankeschön gilt auch den Vorstandsmitgliedern der IGFT, die uns mit ihrer Unterstützung immer bereichern: Sara Ostertag, Veronika Glatzner, Inge Gappmaier, Barbara Herold, Daniela Oberrauch, Hannes M. Saghy, Charlotta Ruth, Sabine Reiter.
Vielen herzlichen Dank an unsere Bundeslandsprecher:innen, die sich engagiert vor Ort für uns einsetzen: Burgenland: Peter Hauptmann, Kärnten: Stefan Ebner und Martin Dueller, Oberösterreich: Silke Grabinger, Salzburg: Christa Hassfurther und Dorit Ehlers, Steiermark: Katharina Dilena, Tirol: Daniela Oberrauch, und unsern beiden neuen Bundeslandsprecher:innen für Vorarlberg: Beate Buchsbaum und Niederösterreich: Nico Wind, die damit Barbara Herold und Manuela Seidl in ihren langjährigen Funktionen ablösen – auch euch beiden gebührt ein großes Danke!
Wir möchten uns ebenso herzlich bei unseren Fördergeber:innen bedanken, die unsere Arbeit für die Künstler:innen und die Szene absichern und die Finanzierung unserer Projekte ermöglichen. Ein besonderer Dank geht an das BMKÖS – Bundesministerium für Kunst, Öffentlichen Dienst und Sport, die Stadt Wien/Abteilung Kunst und Kultur, die LSG/ÖSTIG – Österreichische Interpretengesellschaft sowie das BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten für die finanzielle Unterstützung des ACT OUT – Tour- und Residency-Förderprogramms.
Ein Dankeschön richtet sich auch wieder an die Medien und ihre Redakteur:innen, insbesondere an den ORF, Ö1, Falter und Der Standard. Ihr Interesse, eure Nachfragen und die Berichterstattung über unsere Anliegen tragen dazu bei, die freie darstellende Szene und ihre Akteur:innen ins Licht zu rücken und ihren Anliegen mehr Gewicht zu verleihen.
Ein besonders großes Dankeschön geht wie immer an unsere Mitglieder: Ohne euer Vertrauen wäre die IGFT nicht möglich! Euer Feedback, eure lieben Bewertungen, Nachrichten und E-Mails geben uns Halt und Kraft und die eine extra Portion Motivation, unseren Weg fortzusetzen und die Arbeitsbedingungen in der freien darstellenden Szene Österreichs nachhaltig zu verbessern. Danke für eure Ideen und Anregungen sowie für eure Teilnahme an unseren Veranstaltungen. Danke, dass ihr uns vertraut!
Ulrike Kuner, Geschäftsführung IGFT:
„2023 war ein Jahr der Analyse. In Kooperation mit EAIPA – Europäischer Dachverband der freien darstellenden Künste hat Dr. Thomas F. Eder seine Doktorarbeit mit dem Titel Independent Performing Arts in Europe. Establishment and Survival of an Emerging Field veröffentlicht, von dem Prof. Axel Haunschild von der Leibniz Universität Hannover sagt: „This is the first comprehensive and comparative study into the independent performing arts in Europe. The book is pathbreaking in its empirical richness and institutional analysis“. Dann wurden die Ergebnisse des deutschen Projekts Systemcheck veröffentlicht, bei dem wir drei Jahre lang mit im Beirat waren – auch hierzu gibt es eine Reihe von Publikationen und Situationsbeschreibungen – alles auf der Website des BFDK nachzulesen. Und auch wir haben einige wichtige Umfragen gestartet – danke für die zahlreiche Teilnahme, und dass ihr so detailliert Auskunft über eure Herausforderungen gebt. Die Ergebnisse helfen uns sehr bei unserer politischen Arbeit für die Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen, denn wir wollen ja bessere Förderungen und soziale Sicherungen erreichen. Jetzt sind wir gespannt auf das nächste Jahr – aussagekräftige und überprüfte Darstellungen haben wir nun. Wir arbeiten jedenfalls intensiv weiter für höhere Budgets für die freie Szene, faire Vertrags- und Arbeitssituationen und nachhaltige Absicherungen- und haben bereits ganz konkrete Ideen hierzu!“
Eine wundervolle Weihnachtszeit und einen guten Rutsch wünschen
Ulrike Kuner, Geschäftsführung mit Team und Vorstand
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