Stellungnahme zu den Änderungsentwürfen Künstler-Sozialversicherungs- und Sozialversicherungsgesetz

Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz geändert werden (KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz – KSV-SG)

Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Interessengemeinschaft Freie Theaterarbeit (IGFT) nimmt zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Künstler-Sozialversicherungs­fonds­gesetz geändert werden (KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz – KSV-SG), wie folgt Stellung.

Die IG Freie Theaterarbeit begrüßt den Entwurf zur Entwicklung eines Künstlersozialversicherungsstrukturgesetzes ausdrücklich.
Auch wenn das ursprüngliche Vorhaben einer einheitlichen ‚Sozialversicherung unter einem Dach’ nicht realisiert werden konnte und eigentlich im Zusammenhang bzw. auf dem Hintergrund des Schauspielgesetzes eine stärkere Anbindung an die Versicherungssituation für Anstellungsverhältnisse gewünscht war, stellt der vorliegende Entwurf eine reale Verbesserung für die freien Theaterschaffenden dar.

Er schafft perspektivische Erleichterungen in der Abwicklung von Versicherungssituationen in der geplanten Initiative für ein Servicezentrum und eine bessere Vereinbarkeit von selbstständiger und unselbstständiger künstlerischer Arbeit, ein Kriterium, das auf einen großen Teil der im Theaterbereich Tätigen zutrifft.
Insofern stellt die geplante Gesetzesinitiative eine reale Verbesserung der Vereinbarkeit verschiedenartiger Tätigkeiten im Bereich der darstellenden Kunst dar.

Leider konnten in der Entwicklung des Gesetzesvorhabens nur künstlerische Tätigkeiten berücksichtigt werden.
Wie die Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen in Österreich eindrucksvoll belegt, erzielt die überwiegende Anzahl von KünstlerInnen spartenübergreifend nur einen (teilweise prozentual geringeren) Anteil ihres Einkommens aus künstlerischer Tätigkeit, Mischeinkommen aus künstlerischer, kunstnaher bzw. kunstferner Arbeit sind die Regel, so dass die geplante Verbesserung der Vereinbarkeit nur für diejenigen zutrifft, die den wesentlichen Anteil ihres Einkommens aus selbstständiger sowie unselbstständiger künstlerischer Tätigkeit beziehen.

Dass diese überall in Europa strukturell ähnliche Entwicklung ebenso wenig berücksichtigt werden konnte, wie eine Einbeziehung anderer Arbeitsfelder, in denen analog zur Kunst kurzfristig wechselnde selbstständige und angestellte Arbeitsverhältnisse dominieren, ist bedauerlich, doch bedeutet das Gesetzesvorhaben eine reale Verbesserung der Arbeitssituation im Feld der darstellenden Kunst.

Mit Verweis auf die zu einzelnen inhaltlichen Punkten ausführliche Stellungnahme des Kulturrats Österreich verzichten wir an dieser Stelle auf eine Wiederholung der in der Stellungnahme des Kulturrats aufgeführten Punkte und möchten nur auf zwei mit dem Gesetzesvorhaben indirekt verbundene Elemente explizit hinweisen, um sie zu betonen:

Rechtssicherheit von Arbeitsverhältnissen
Im Zusammenhang mit der geplanten Novellierung des Schauspielergesetzes ist es für den Bereich der freien Theaterschaffenden von äußerster Wichtigkeit, dass die geplante Servicestelle die Kompetenz besitzt, bei der Klärung von Versicherungssituationen für geplante Arbeitsverhältnisse zumindest rechtsverbindliche Auskünfte geben zu können – um damit signifikant zur Verbesserung der Rechtssicherheit im Bereich der freien Theaterarbeit beizutragen.
Gleichzeitig bleibt es von äußerster Wichtigkeit, dass der geplante Service stets eine freiwillige Beratung bleibt.

ALVG Novelle
Um die mit dem Gesetzesvorhaben geplante bessere Vereinbarkeit selbstständiger und unselbstständiger Arbeitsverhältnisse einer Gesamtsystematik zuzuführen, bedarf es einer Novellierung der ALVG Novelle insbesondere in einem Detail:
Die achtjährige Verpflichtung auf eine Entscheidung für oder gegen die freiwillige zusätzliche Arbeitslosenversicherung als Selbstständige bedarf einer Novellierung:
Denn aufgrund des vorliegenden Gesetzesvorhabens würde eine freiwillige Arbeitslosenversicherung in Zeiten selbstständiger Tätigkeit für weitaus mehr Kunstschaffende Sinn machen als bisher.

KSVF
Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass die von den Interessenvertretungen und vom Kulturrat Österreich formulierten Kritikpunkte und Forderungen anlässlich der vor einigen Jahren vollzogenen Novellierung des KSVF Gesetzes vollinhaltlich aufrecht bleiben, auch wenn dies nicht Gegenstand des aktuellen Gesetzesvorhabens ist.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass bereits bei der Erstellung der Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen in Österreich der enggefasste Kunstbegriff einhellig auch im Beirat der Studie kritisiert wurde – insbesondere Lehrtätigkeiten im jeweiligen Kunstfach sind als direkt künstlerische Tätigkeiten ohne Einschränkungen anzuerkennen (was wird denn anderes gelehrt, als die jeweilige Kunst und warum ist das keine künstlerische Tätigkeit). Die in Österreich vollzogene enge Eingrenzung ist europaweit beinahe singulär.

Mit Dank für Ihre Initiative verbleibe ich für heute mit freundlichen Grüßen

Sabine Kock
(Geschäftsführung IGFT)

31.7.2010

_____________
Die Stellungnahme des Kulturrat Österreich ist hier nachzulesen:
kulturrat.at/agenda/imag/geset…

Erzähl es deinen Freund:innen